FRAGE 1 – Habe ich Flächen oder Standorte, die geeignet erscheinen?

Die Auswahl des Standortes ist sehr entscheidend, aber wegen der vielen möglichen Einflussfaktoren einer der schwierigsten Schritte auf dem Weg zur eigenen Windanlage Grundvoraussetzung sollte ausreichend Platz sein, damit die Windanlage vom Wind frei angeströmt werden kann. Der Abstand zu Gebäuden, Bäumen und anderen Hindernissen sollte so groß wie möglich gewählt werden. Feste Abstandsregeln sind schwer zu beschreiben,
da sie von der Anlagengröße, der Masthöhe und auch von der Orientierung abhängen.

In Hauptwindrichtung (meistens zwischen Nordwest und Südwest) sollte es möglichst freie Sicht geben. Als Faustregel gilt mindestens ein Abstand von zwei- bis vierfacher Masthöhe. In alle anderen Richtungen sollte es nicht unter der doppelten Mastlänge sein.
Weniger Platz und mehr Hindernisse bedeuten deutlich weniger Ertrag Ihrer Windanlage.
Darüber hinaus sollten Sie beachten, dass die herkömmlichen Windanlagen und der Mast Schatten werfen und bei Wind auch gut wahrnehmbare Geräusche machen können. Einige Windanlagen können richtig laut werden.

Das Schlafzimmerfenster des Nachbarn in der Nähe und die Terrasse im Schattenwurfbereich sind keine gute Wahl. Anlagen auf Wohn- und Nebengebäuden bedürfen einer sehr sorgfältigen Auswahl. Bei Anlagen ab einer Nennleistung von 1kW oder etwa zwei Metern Rotordurchmesser sollte spätestens ein Statiker bemüht werden, um die Standsicherheit des Daches zu prüfen. Auch ist die Geräuschbelastung bei einer Montage auf einem Wohngebäude nicht zu unterschätzen, da das Gebäude selbst zum Resonanzkörper der Anlagenschwingungen wird.

FRAGE 2 – Wie viel Wind kann ich an meinem Standort erwarten?

In den seltensten Fallen kann man den Wind richtig schätzen und selbst erfahrene Windgutachter können sich leicht vertun. Je kürzer der Mast ist, je kleiner die Windanlage und je mehr Hindernisse der Wind auf dem Weg zur Windanlage hat, umso schwieriger wird eine sinnvolle Schätzung. Grundsätzlich gilt für alle Anlagen das Gleiche:
Je höher der Mast ist und je weniger Hindernissen der Wind auf dem Weg zu Ihrer Anlage
ausweichen muss, umso größer wird der Jahresertrag sein.

Die einzige sinnvolle und dringend empfohlene Vorgehensweise ist eine eigene Windmessung genau an dem Standort und in der Höhe, wo später die Windanlage stehen soll. Während Windmessungen für Windanlagen schnelleinige Tausend Euro kosten können,
gibt es ausreichend genaue und entsprechend günstigere Geräte im Elektrohandel auch für
den kleinen Windanlagenbetreiber – um die 300 Euro. Einfache Wetterstationen, wie sie
oft vom Discounterangeboten werden, haben zwar auch Windsensoren, aber sie eignen sich
in der Regel nicht für diese Aufgabe — sie sind einfach viel zu ungenau.

Mit den Messwerten lässt sich sehr einfach berechnen, was die ausgewählte Windanlage
in der gemessenen Zeit produziert hatte. Wird nur im Sommer gemessen, sieht es
natürlich entsprechend schlecht aus, wird nur im Herbst gemessen, sieht es vermutlich
viel zu gut aus: Je länger Sie messen, umso realistischer wird das Berechnungsergebnis.
Ein Ertragsgutachten, wie es für die großen Windanlagen üblich ist, lohnt sich in der Regel
nicht, da solche Gutachten meistens deutlich mehr kosten als die ganze geplante Windanlage. Sollten Sie etwas größer planen und in Gedanken mit einer 10- bis 30-kW-Anlage
spielen, geht es ja auch schon um richtige Investitionen, die gut überlegt und geplant
sein wollen. Hier sollten Sie doch zumindest mal die Profis nach einem Preis für so eine
Ertragsberechnung fragen. Einen ersten Anhaltspunkt über den möglichen Wind an meinem Standort bietet eventuell auch eine Karte vom Deutschen Wetterdienst. Die Karten haben eine Auflösung von 200 mal 200 Metern und jeder Punkt in zehn Metern Höhe wurde auf der Basis vieler Windmessstationen berechnet und simuliert. Da die genauen Bedingungen (Gebäude und Bäume) nicht für jeden einzelnen Punkt zu berechnen sind, sind die Karten aber eben auch nur ein erster Anhaltspunkt und sollten nicht als alleinige Entscheidungshilfe dienen; weder fair noch gegen die eigene Windanlage.

FRAGE 3 – Lohnt sich eine Kleinwindanlage wirtschaftlich überhaupt?

Wohnen Sie in einer Küstenregion oder auf einem Berg mit viel Wind und Sie planen eine Windanlage mit einer Nennleistung von mindestens 5 kW, dann haben Sie durchaus Chancen auf einen wirtschaftlichen Betrieb; vorausgesetzt, die Windanlage wird wirklich frei angeströmt. Wohnen Sie im windigen Husum in Schleswig-Holstein mitten in der Stadt und sie planen eine kleine 250-Watt-Anlage auf einem nur fünf Meter hohen Mast, brauchen Sie über eine Wirtschaftlichkeit nicht ernsthaft nachdenken. Aber weiter außerhalb, mit einer
5-kW-Anlage auf einem 15 Meter hohen Mast, sieht es schon viel besser aus.
Viele Nutzer von Kleinwindanlagen betreiben die Anlagen ausschließlich als Hobby, andere wiederum als Möglichkeit, den eigenen Energiezukauf zu reduzieren und so auf Dauer wieder etwas Geld einzusparen. Die meisten Betreiber dürften sich aber über beides freuen: ein sinnvolles Hobby und die Investition in eine umweltfreundlichere Energieversorgung. Entgegen kommt ihnen, dass die Energiepreise ständig steigen. Die Zeit arbeitet also immer
für die Windanlage. Wer ausschließlich einen wirtschaftlichen Betrieb im Sinn hat, sollte dagegen sehr gründlich planen und die Windbedingungen an seinem Standort sehr genau kennen und gemessen haben. Alle groben Schätzungen sind zu vage, um darauf eine Finanzierung zu stellen. So kann eine Kleinwindanlage mit 5 kW Nennleistung, 5 Metern Rotordurchmesser (= 19,6mZ) und 10 Metern Nabenhöhe bei einem bescheidenen Standort 2.500 kWh Strom ernten, bei einem besseren Standort schon knapp 4.000 kWh und bei einem sehr guten Standort mit einer durchschnittlichen Windgeschwindigkeit von 5,5 Metern je Sekunde immerhin schon fast 6.000 kWh. Ob solche Erträge dann schon für eine Wirtschaftlichkeit ausreichen, hängt wieder von vielen weiteren Faktoren ab:

• Preis der Anlage
• Genehmigungskosten (Bauantrag etc.)
• Montagekosten
• Kabelkosten
• Hausanschlusskosten
• Eigenverbrauch oder Netzeinspeisung (Vergütungspreis)
• Wartungsaufwand

Bei kleineren Anlagen ist ein wirtschaftlicher Betrieb in der Regel nur da möglich, wo es
keine öffentliche Stromversorgung gibt und man mangels Alternativen auf Sonnenenergie
und die Windkraft angewiesen ist. Ein kleines Berechnungstool im Internet kann Ihnen helfen, sich besser zu orientieren, wenn Sie die Windgeschwindigkeiten und Rahmen-bedingungen an Ihrem Ort kennen: Auf der Internetseite www.windmonitor.de finden Sie
unter dem Menüpunk ,,Meine Windenergieanlagen“, und ,,Ertragsschätzung“ eine Excel-Tabelle, die Ihnen hilft, den zu erwartenden Ertrag zu schätzen.

FRAGE 4 – Darf ich überall eine Windanlage hinstellen?

Es gibt vier Bundesländer, in denen das Aufstellen einer kleinen Windanlage mit bis zu zehn Metern Nabenhöhe oder auch Gesamthöhe ohne Baugenehmigung erlaubt ist. Im Fachdeutsch heißt das Verfahrensfrei gestellt“. Was bedeutet das aber in Wirklichkeit für Sie als möglichen Bauherrn? ,,Verfahrensfreiheit“ ist ein Vertrauensvorschuss darauf, dass Sie alles schon richtig machen werden. Nur weil Sie keinen Bauantrag stellen brauchen, müssen Sie sich aber dennoch an alle Regeln der Baukunst, Statik und Sicherheit halten und im Zweifelsfalle dies auch nachweisen. Auch die Geräuschbelastung für Ihr Wohngebiet muss den Regeln entsprechen. Auch wenn Ihre jetzigen Nachbarn Ihr Projekt unterstützen, könnte ein neu hinzugezogener Nachbar in Zukunft etwas einwenden und dann müssten Sie bei berechtigtem Interesse des Nachbarn – weil er etwa von Schall und Schatten betroffen ist- die Anlage demontieren.

Der Vorteil einer Genehmigung liegt darin, dass auch ein neuer Nachbar an Ihrem Windrad
nichts andern kann. Nachteil ist der zum Teil enorme Aufwand und die Anforderungen an
die Dokumentation, die Ihnen auch viele Anlagenlieferanten nicht abnehmen können. Informieren Sie sich in jedem Fall vor einem Kauf, was Sie für einen Bauantrag alles benötigen und welche Regeln und Grenzwerte einzuhalten sind und stellen Sie sicher, dass
der Lieferant diese Nachweise anbieten kann. Anlagenhersteller, die Ihre Anlagen zertifizieren lassen, sollten in der Regel alle Unterlagen parat haben, und es könnte dann nur noch an der grundsätzlichen Zulässigkeit einer Windanlage an Ihrem Standort scheitern. Etwa, weil Sie in einem Wohn- oder Naturschutzgebiet oder einer besonders ausgewiesenen
Fläche leben (siehe auch den Beitrag zum Baurecht in dieser Publikation). Vor dem Bauamtsbesuch sollte der Gang aber immer zu den Nachbarn führen. Nur da, wo alle Nachbarn frühzeitig von Ihren Plänen wissen, gibt es keine böse Überraschung und keine
langjährigen Nachbarschaftsstreitereien.

FRAGE 5 – Was wäre die geeignete Windanlage?

Leider gibt es keine pauschale Lösung und kein Patentrezept, da es einfach von zu vielen
Bedingungen abhängt und natürlich auch davon, was Sie eigentlich mit dem erzeugten Strom machen wollen und wie viel Geld Sie investieren wollen. Ein paar Hinweise samt einiger Vor- und Nachteilen sind dennoch möglich:
Die klassische Bauform hat zwei bis vier Rotorblätter (meist aber drei) und sieht im Wesentlichen so aus wie die vielen großen Windanlagen. Aktuell werden jedoch auf dem Markt viele neue Vertikalachsenanlagen angeboten, bei denen sich die meist ein drei bis fünf Blattprofile horizontal um die senkrecht stehende Achse drehen. Obwohl gerade diese Bauart immer wieder in den höchsten Tönen gelobt wird, haben diese Anlagen typischerweise und bauartbedingt einen deutlich schlechteren Wirkungsgrad als die klassische Bauvariante. Bei der klassischen Variante kann die Anlage die komplette Rotorfläche als Erntefläche nutzen, während bei den Vertikalachsanlagen nur ein kleiner Teil der Fläche optimal zum Wind steht. Ein Vorteil dieser Bauvariante ist in den meisten Fällen die besondere Laufruhe. Sollte es Ihnen vor allem um den sehr leisen Betrieb gehen und der tatsächliche Ertrag keine Rolle spielen, könnte so ein Vertikalachsrotor eine gute Alternative sein. Es gibt aber auch „Propeller“ Kleinwindanlagen, die sehr leise sind (meist im Bereich bis zu 1.000 Watt Nennleistung) und dazu einen höheren Ertrag bieten.

Etwas Besonderes sind Windanlagen, die mit einem Konzentrator oder Diffusor konstruiert
wurden. Bei diesen Anlagen soll durch besonders raffinierte Konstruktionen mehr Wind mit
noch höheren Geschwindigkeiten an die Rotorblätter oder Turbinen strömen. Hier werden his
zu 2,5-fache Erträge versprochen, allerdings konnte dies bisher nicht durch unabhängige Vermessungen im freien Feld belegt werden. Gerade weil es nicht alle Hersteller mit den Leistungsdaten Ihrer Angebote so genau nehmen, führt das auch gleich zu der Suche nach dem vertrauenswürdigen Anbieter. An wen halte ich mich oder an wen kann ich mich vertrauensvoll wenden, wenn ich Fragen habe?

Natürlich sollten Sie sich auch an den Händler halten, aber nehmen Sie Ihren gesunden Menschenverstand mit und beherzigen Sie den Satz: Der Wind schreibt keine Rechnung, der
Händler schon.

Vergleichen Sie Händler und Angebote und auch, wie Sie beraten werden und wie sorgfältig Sie über das schwierige Thema ,,Wie viel Wind habe ich an meinem Standort“ informiert
wurden. Lassen Sie sich immer Referenzadressen nennen und besuchen Sie die Anlagen auch mal bei viel Wind. In der Zwischenzeit gibt es auch einiges an Literatur und gute Sachbücher zum Thema, die sich immer lohnen und helfen, Grundbegriffe zu verstehen. Es hilft immer, wenn Sie schon gut inforrniert sich an einen Händler wenden und schon gleich auch die richtigen Fragen stellen können. Auch im Internet lassen sich viele Informations¬quellen finden sowie Führer, die bei Fragen gerne und weitgehend neutral weiterhelfen. Wir wünschen Ihnen viel Rückenwind bei Ihren weiteren Planungen.